Alles für die Gastlichkeit

Mit Sandra Scheidl (Inhaberin von Sandra Scheidl - Culinary Arts), Lukas Kienbauer (Inhaber von Lukas Restaurant, Lukas Steak und Lukas Izakaya) und Karl Wrenkh (Eigentümer Wrenkh Restaurant & Kochsalon)

Was bedeutet Gastlichkeit und was macht echte Gastlichkeit aus? Wie haben sich die Erwartungen der Gäste verändert und wie passt man sich als Gastgeber:in daran an? Ob Private Dining, klassische Restaurants oder Event Locations: Unsere Talkgäste sprechen über ihre gastronomischen Konzepte und wie sie Gastlichkeit interpretieren und umsetzen.

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Drei Teilnehmer mit ihren unterschiedlichen Projekten

Die drei Talk-Teilnehmer:innen sind alle Gastgeber:innen aus Leidenschaft. Und das mit ganz unterschiedlichen Gastronomie-Konzepten. 

Sandra Scheidl wollte sich schon länger selbständig machen, konnte aber zu Zeiten der Corona-Pandemie kein eigenes Restaurant eröffnen. Da kam ihr die Idee des "Pop-Up-Restaurants", das an keinem festen Ort besteht, sondern auf Bestellung zu den Kund:innen kommt. Dabei verbindet sie häufig Kulinarik mit Kunst.

Karl Wrenkh betont, dass seine Motivation für den Betrieb eines Restaurants niemals war, viel Geld zu verdienen. Er will eigenständig in seinem Tun bleiben. Dazu gehöre natürlich auch, sich und das Restaurant ständig zu verbessern, da auch die Wünsche der Gäste in stetigem Wandel begriffen sind.

Lukas Kienbauer schließlich hat eines seiner Restaurants in eine Event-Location umgewandelt. Antrieb war hier nicht zuletzt die wirtschaftlich schwierige Situation, die dazu führe, dass die Gäste sich dreimal überlegen, ob sie Essen gehen. Und wenn sie sich dazu entscheiden, seien bestimmte Themen-Events oder einfach Außergewöhnliches reizvoller für viele. Die daher nun bei ihm durchgeführten Themenabende seien stets sehr individuell.

Individualität ist die Zukunft der Gastronomie, aber anstrengend

Kienbauer führt weiter aus, dass er mit seinem neuen Konzept flexibler ist als zuvor. Er hat jetzt die Möglichkeit, im Prinzip an jedem Tag Weihnachtsfeiern, Hochzeiten und Ähnliches in seiner Gastronomie zu bewirten. Die Individualität dieser Veranstaltungen steht für ihn ganz weit oben in der Priorität. Kienbauer räumt aber ein, dass diese Individualität anstrengend und oft schwierig zu bewerkstelligen ist. Doch genau in dieser Individualität liege die Zukunft. Mit 08/15-Menüs könne man nicht mehr punkten. Dies liege auch daran, dass die Gäste kulinarisch immer gebildeter sind. Die steigende Anzahl an Kochsendungen im Fernsehen führt dazu, dass viele Menschen sich auch zu Hause aufwändige Mahlzeiten zubereiten, die ebenfalls eine hohe Qualität erreichen. 

Sandra Scheidl stimmt zu, dass diese Individualität zu erschaffen, aufwändig ist. In ihrem Fall ist es geradezu der Kern ihres Angebots, bei jeder Buchung aufs Neue eine individuelle Atmosphäre zu kreieren. Das kostet Zeit und Energie. Ihrem guten Team sei es zu verdanken, dass dieser unglaubliche Aufwand jedes Mal gelingt. Dabei führen sie Fine Dining und Galerie zusammen. So hat Scheidl sie jedes Mal eine:n andere:n Künstler:in dabei, der seine Werke ausstellt. Bei jedem Event unterscheiden sich nicht nur Speisen und Locations, sondern auch die Inhalte der Künstler:innen, die jeweils andere Anforderungen an die Location haben.

Im Optimalfall ist in der gewählten Event-Location bereits eine Küche vorhanden, das sei aber nicht immer gegeben. Dann baut sie mit ihrem Team kurzerhand vor Ort eine eigene Küche auf. Die einzigartige Mischung aus Kunst und Kulinarik, meist auch mit besonderen Gästen, sorgt dann insgesamt für eine schöne Atmosphäre.

Drei Definitionen des Begriffs Gastlichkeit

Scheidl ist der Meinung, dass Gastlichkeit am Ende auf die Persönlichkeit der Dienstleister herunterzubrechen ist. Zwar unterscheiden sich je nach Lokalität der Anspruch an die Leistungen, ob es ein gelungener Abend wird bestimmt aber zu großen Teilen Charakter und Auftreten der Betreiber.

Für Karl Wrenkh ist die Frage nach der Bedeutung von Gastlichkeit die "große Frage der Gastronomie". Seine basale Definition lautet, dass jeder Gast glücklicher geht, als er kam. Einrichtung und Küche spielen hier eine große Rolle, vor allem aber der Service. Dieser macht seiner Meinung nach fast alles aus beim Speise-Erlebnis. 70 Prozent verteilt er hier für den Anteil der Serivcequalität an der empfundenen Gastlichkeit.

Lukas Kienbauer wirft ein, dass die Individualität einer Location eine viel größere Rolle spielt, als Wrenkh dies skizziert hat. Natürlich stehe der Service klar an erster Stelle. Das sei der Faktor, der alles zum Gast transportiere. Doch auch ansonsten müsse alles stimmen: Musik, Kleidung, Interieur, alle diese Details tragen entscheidend zum Ambiente und damit zur Gastlichkeit bei.

Informieren hilft beim Steigern der Nachhaltigkeit

Weiter geht es mit dem Fokus auf die Kulinarik und dem Thema "regionale Zutaten". Dies handhabe mittlerweile jeder so, sagt Karl Wrenkh, insofern sei das kein Alleinstellungsmerkmal. Nur regionale Speisen könne man aber allein deshalb schon nicht anbieten, weil es dann in Österreich ab Januar vier Monate lang nur Sauerkraut gäbe.

In puncto Nachhaltigkeit könnten aber alle Gastronom:innen noch viel lernen, weil es zu vielen Themen kaum verlässliche Zahlen gebe. Als einen der wichtigsten Punkte sehen die Talkgäste das Ziel, von Mülltrennung zur Müllvermeidung zu gelangen. Verpackungsfrei einzukaufen lautet hier die Devise. Kienbauer wirft ein, dass man selbst darauf achten müsse, welcher Lieferant welche Formen der Verpackung anbiete. Hier wachse die Zahl der Möglichkeiten, Verpackungen zu vermeiden. Letztlich stehe aber immer das Erlebnis des Kunden an erster Stelle. Nicht alle Aspekte der Nachhaltigkeit können bei allen von ihm angebotenen Konzepten immer Berücksichtigung finden. Gleichzeitig mahnt Kienbauer, die wirklich großen, relevanten Dinge im Auge zu behalten - und nicht Details wie einen Plastikstrohhalm.

Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Ressourcen zu schonen

Nachhaltigkeit umfasse aber auch den sozialen Aspekt, weshalb Karl Wrenkh von Anfang an dafür gesorgt hat, dass seine Mitarbeiter von ihrem Lohn auch leben können und nicht nur nach Mindestlohn bezahlt werden. Ebenso sei das Einsparen von Energie inzwischen eine Art Sport in seinem Betrieb geworden.

Problematisch findet Sandra Scheidl, dass viele Gastronomie-Betriebe ihrer Einschätzung nach offensiver damit werben, nachhaltig zu wirtschaften, als es dann der Realität entspricht. Aufmerksamkeit für diese Themen findet sie sehr begrüßenswert. Die Umsetzung sei aber immer noch eine große Herausforderung.

Finaler Wunsch der drei Redner:innen

Zum Schluss appelliert Karl Wrenkh daran, Mut zur Wahrheit zu pflegen. Damit bezieht er sich auf die Anpreisungen zur Zubereitungsweise und Herkunft von Speisen genauso wie auf die betriebene oder eben nicht betriebene Nachhaltigkeit.

Für Sandra Scheidl ist es zum Schluss wichtig, dass man offen bleibt für Neues - sowohl die Gäste als auch die Veranstalter. Manches in der Branche sei aus ihrer Sicht zu festgefahren.

Lukas Kienbauer schließlich wünscht sich eine tiefere Auseinandersetzung mit allen Faktoren der Nachhaltigkeit, die die vielen konkreten Details besser würdigt.