Brot ist kostbar – Ohne Mist!

Mit Andreas Krainer (Inhaber/Küchenchef – Hotel Restaurant Café Krainer), Thomas Frisch (Vice President F&B&E OPS ECO & MIDSCALE Accor Northern Europe) und Eva Maria Seidl (Pomom)

1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel werden weltweit jährlich weggeworfen. Das entspricht einem Drittel aller produzierten Lebensmittel. Es besteht also dringender Handlungsbedarf! Unsere Expertenrunde gibt eine Handlungsanleitung zur Reduktion von vermeidbaren Brot- und Backwarenabfällen entlang der Wertschöpfungskette und verrät praktische Tipps für zero waste Konzepte im Tourismus.

© RX Austria & Germany

Zero Waste in der Gastronomie

Die Gäste der Talkrunde kommen aus unterschiedlichen Bereichen des Gastronomie und Lebensmittelproduktion. Thomas Frisch arbeitet für die Accor Hotels in ganz Nordeuropa und entwickelt unter anderem Konzepte gegen Food Waste. Eva Maria Seidl ist eine von fünf Partnerinnen der Pomom GmbH, die vegane Frozen Smoothies und Shakes entwickelt und für die Gastronomie produziert. Andreas Krainer schließlich führt einen kleinen Hotelbetrieb in der Steiermark, den er 2017 von seinen Eltern übernommen hat. Die Moderatorin will mit den Expert:innen Lösungsansätze diskutieren, die dazu beitragen, die enorme Lebensmittelverschwendung nachhaltig einzudämmen.

Nachhaltige Produktion ohne Abfälle

Das Unternehmen Pomom trägt laut Eva Maria Seidel bereits zur Reduzierung von Abfällen bei, indem bei der Produktion ihrer Produkte gar kein Abfall entsteht. Der einzige Abfall sind derzeit noch die Verpackungen, aber es werden dafür bereits organisch recycelbare Materialien entwickelt. In den von Pomom entwickelten Milchshakes können zudem süße Backwaren vom Vortag verarbeitet werden.

Regionale, handgemachte Produkte statt Buffets

Im Hotelbetrieb von Andreas Krainer fallen wie in jeder Gastronomie Lebensmittelabfälle an, wenn auch in geringem Umfang. Seiner Meinung nach sollte auf Buffets in der Gastronomie weitgehend verzichtet werden, denn sie verursachen zu viele Abfälle. In seinem Hotel gibt es lediglich ein kleines, aber feines Frühstücksbuffet mit regionalen und selbst gemachten Produkten. Auch das Brot wird selbst gebacken und davon bleibt im täglichen Gastronomiebetrieb in der Regel nichts übrig, weil es einfach zu gut ist. Krainer sieht sich selbst als Vorbild seinen Mitarbeiter:innen gegenüber, sorgfältig und sparsam mit Lebensmitteln umzugehen. Zudem werden in seinem Betrieb möglichst alle Teile von Lebensmitteln "Nose to Tail" verwertet.

Online-Tools, Sensibilisierung der Mitarbeiter:innen und Kommunikation

Accor arbeitet laut Thomas Frisch federführend daran, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Das Unternehmen ist nicht gerade klein. Alle Mitarbeiter:innen werden für die Themen Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sensibilisiert und geschult. Die Vermeidung von Abfällen bei hochwertigen Lebensmitteln ist bei großen Hotels letztlich nicht nur ein Umweltfaktor, sondern auch ein Kostenfaktor. Es wurden Online-Tools entwickelt, um eine genaue Ökobilanz ziehen zu können, Fehler im System zu erkennen und diese zu reduzieren. 70 Prozent aller Häuser der Accor Group weltweit arbeiten inzwischen mit dem Tool Gaia. Das Tool-to-go kann zwar nicht überall zum Einsatz kommen, aber damit konnten schon tausende Mahlzeiten gerettet werden. À la Carte-Service wird gegenüber Buffets forciert. Wichtig ist auch eine gute Kommunikation zwischen Service und Küche, um Speisen in geeigneten Mengen bereitzustellen. Die präzise Kalkulation bleibt im Hotelbetrieb trotz verschiedener Online-Tools das wichtigste Mittel, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren, so Frisch.

Mut zur Reduktion ist gefordert

Natürlich lässt sich ein kleines, familiengeführtes Hotel nicht mit den Hotelketten und verschiedenen Brands vergleichen, für die Thomas Frisch arbeitet. Frisch appelliert an den Mut zur Reduktion. Teller müssen nicht voll beladen sein und auf Buffets dürfen manche Komponenten auch ausgehen. Durch konsequente Einsparung konnte er in seiner letzten Position als Hoteldirektor in Berlin den Faktor Lebensmittelabfall deutlich reduzieren. Food Waste stellt immerhin 13 Prozent der Gesamtabfälle auf der Welt. Abfallvermeidung im Lebensmittelsektor kann Frischs Meinung zufolge einen Beitrag dazu leisten, die Welt zu retten. Nicht nur Online-Tools, sondern auch Programme mit KI können schon heute dazu beitragen, gerade große Unternehmen bei der Abfallvermeidung zu unterstützen.

Es braucht Mut, Entscheidungen zu treffen

Eva Maria Seidl bestätigt, dass es Mut braucht, Entscheidungen zu treffen. Auch sie weiß, wie operative Gastronomie funktioniert und mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen hat. Sie plädiert für kleine Speisekarten. Das Bewusstsein für Lebensmittel sollte in der Gastronomie auf die Mitarbeiter:innen, aber auch auf die Gäste übertragen werden. Andreas Krainer gibt zu bedenken, dass man die Gäste natürlich nicht maßregeln kann, wenn sie ihre Teller beispielsweise am Frühstücksbuffet überladen. Konzepte, die Gäste "zu erziehen", kennt er nicht. Thomas Frisch bestätigt das auch für große Hotels. Das Thema ist sensibel, denn der Gast sollte immer noch König sein. Das Einwirken auf die Gäste mittels gutem Service hält er dennoch für möglich. Er merkt zudem, dass sich die Menschen in ihrer Ernährung umstellen und deutlich besser als noch vor wenigen Jahren für das Thema Lebensmittelverschwendung sensibilisiert sind. Den Ansatz, vermehrt auf vegetarische oder vegane Angebote zu setzen, sieht er für sein Unternehmen noch nicht, denn die Nachfrage danach liege bei gerade mal fünf Prozent. Produkte zu modifizieren kann dennoch dazu beitragen, das Verhalten der Gäste mittelfristig zu verändern. Auch das Gefühl der Gäste, hochwertige Lebensmittel zu erhalten und sie ansprechend präsentiert zu bekommen, fördert einen anderen Umgang mit Speisen.

Hochwertige Produkte als Schlüssel zum Erfolg

Man ist sich einig in der Überzeugung, dass hochwertige Lebensmittel das Bewusstsein von Gästen und Kunden verändern werden. Das braucht allerdings seine Zeit. Diese Überzeugung sollte auch immer wieder kommuniziert und vorgelebt werden. Dann entwickelt sich ein Trend zum Weniger ist mehr. Ein wichtiges Thema, davon ist Thomas Frisch überzeugt, ist die Story hinter den Produkten. Lebensmittel sollten wenn möglich regional sein und die Geschichte ihrer Produktion auf unterschwellige Weise erzählt werden. Andreas Krainer kann das nur bestätigen. Er ist zudem überzeugt, dass in Landgasthäusern immer noch zu große Portionen auf die Tellern kommen. Die Gäste würden keine Riesenportionen mehr fordern. Besser sollte es die Möglichkeit geben, dass Gäste um einen Nachschlag bitten dürfen. Auch darüber sind sich Frisch und Krainer einig.

Anstoß aus Politik und Gesellschaft

Auch Eva Maria Seidel stimmt zu, betont aber, wie wichtig der Anstoß aus Politik und Gesellschaft ist. Unternehmer:innen haben eine große Verantwortung, doch alle Bürger:innen müssen sich selbst mit dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln auseinandersetzen. Lebensmittel sind eine begrenzte Ressource und wertvolle Lebensmittel werden bewusster behandelt. Seidel ist zudem der Überzeugung, das jüngere Menschen das Thema Zero Waste schon sehr viel mehr verinnerlicht haben.