So funktioniert Bio für Gastronomie und Hotellerie

Mit Barbara Riegler (BIO AUSTRIA Bundesobfrau), Andreas Birngruber (Geschäftsführer der Birngruber Gastronomie GmbH alias „Chef Partie“), Josef Jernej (Küchenleiter im Mochoritsch) und Markus Leithner, MSc. (BIO AUSTRIA Pressesprecher).

Fast 28 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Österreichs wird von Biobauern bewirtschaftet. Kein anderes Land in der EU hat einen höheren Bio-Anteil. Darauf zahlen auch die Konsument:innen ein, die in den letzten Jahrzehnten immer mehr Bio-Lebensmittel gekauft haben. Mittlerweile spielt Bio auch für die Gastronomie eine immer größere Rolle - mit viel Luft nach oben. Wie sich Bio mehr in den eigenen Betrieb integrieren lässt und welche Chancen und Herausforderungen damit verbunden sind.

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Parallel zum Aufschwung der Bioprodukte im Handel hat in der Gastronomie und Hotellerie ebenfalls eine Hinwendung zu mehr Bio stattgefunden. Die Gesprächsrunde auf der Gastmesse hat zwei davon aufgeboten, die von Zeiten zu berichten wissen, als Bio noch als gewagtes Experiment in der Bewirtung betrachtet wurde und Anfangsschwierigkeiten zu überwinden waren.

Insbesondere Podiumsgast Andreas Birngruber, der Geschäftsführer der Birngruber Gastronomie GmbH, weiß von den schwierigen Anfangsjahren zu berichten, als sich Bio erst im Catering, worin das Unternehmen tätig ist, zu etablieren hatte. Diskutant Josef Jernej brachte seine Sicht der Dinge aus dem Küchenbereich der Gastronomie ein, ist er doch Küchenchef des Mochoritsch, eines Traditionsrestaurants in Kärnten an drei Standorten, mit eigener Fleischerei und Biobauernhof versehen. Sowohl Birngruber als auch Jernej sind also die Empfänger der Biolebensmittel, die sie für ihre Gäste und Kund:innen zubereiten.

Entweder - oder: Bio als bewusste Entscheidung

Und wenn man sich erst mal dafür entschieden hat, ist es eine Frage von 0 oder 100 Prozent, Zwischendinge gibt es dabei nicht, denn dann wäre es auch kein Bio, so die Talkgäste unisono. Diese Frage sei eine Vertrauensfrage, die eine gewisse Rigorosität verlangt. Entweder man ist zertifiziert als Teilnehmer an der Biolandwirtschaft und Biobeköstigung, oder man ist es nicht.

Diesen Gedanken betonte Barbara Riegler, die Bio Austria Bundesobfrau und selbst Landwirtin, die sich dem Bio-Gedanken verschrieben hat. Dazu gehören gleich mehrere Tätigkeitsfelder. Sie hält Kühe, Legehennen für die Eierproduktion, Schweine und Geflügel für die Mast, baut aber auch Ölleinen an und verarbeitet die daraus gewonnenen Leinsamen für die Speiseölgewinnung. Für Frau Riegler ist das Bio-Etikett vor allem eine Vertrauenssache zwischen Konsument:in und Erzeuger:in. Und je tiefer das Vertrauen wurzelt, desto bedeutender wird es für die unternehmerische Sicherheit, wenn man sich umstellen möchte auf diese 100 Prozent Bio im Angebot als Restaurant oder Hotel mit gastronomischer Komponente.

Die Podiumsdiskussion beschränkte sich auf gastronomische Bioprodukte, aber es gibt gerade für ein Hotel längst andere Möglichkeiten, den Bio-Gedanken zu verwerten und zu bewerben, etwa durch biologisch unbedenklich hergestellte und gereinigte Wäsche und Möbel aus regionalen, leicht wieder aufforstbaren Hölzern auf den Zimmern.

Leuchttürme mit Zertifizierung - so geht's

Sowohl Andreas Birngruber als auch Josef Jernej bestätigen mit ihren Bekenntnissen zur Zertifizierung als Bio-Betrieb unter dem Bio Austria Label die Wichtigkeit dieses Vertrauensaufbaus gegenüber den kritischen Verbraucher:innen. Es ist die Grundlage für den Erfolg, wenn man sich denn mal für das 100 Prozent Bio entschieden hat. Aus dem Grund spricht Moderator Markus Leithner die beiden Podiumsgäste mit ihren Betrieben als "Leuchtturm-Unternehmen" für den Bio-Gedanken an.

Natürlich gibt es auch Betriebe, die sich einfach als 'bio' deklarieren, ohne zertifiziert zu sein, in dem Sinne, dass man gerne eine Mode mitmachen möchte, ohne sich wirklich zu verpflichten. Aber das kann nicht der Weg für ernsthafte Biolandwirtschaft und die von ihr abhängige Gastronomie und Hotellerie sein, sind sich die Talkgäste einig.

Nach der vorübergehenden Rezession in der Corona-Lockdown-Zeit ist der Gesamtumsatz in Österreich, so Leithner, wieder bei 190 Millionen Euro im Jahr angekommen, wovon Gastronomie und Hotellerie einen Anteil von 7 Prozent am gesamten Umsatz von Bioprodukten und damit zusammenhängenden Leistungen vorweisen können.

Catering ging plötzlich auch anders

Wie hat nun 'Chef Partie' und Andreas Birngruber als Pionier des Bio-Gedankens im Catering damit angefangen? Er lässt uns teilhaben an seine Erinnerungen an die Zeit um 2005, als man sie "schon ein bisschen für verrückt erklärt hat", mit der Neuausrichtung auf reine Bio-Produkte. Namentlich das Tollwood Festival in München damals war ein Ansporn, diesen Weg zu beschreiten, wie Birngruber anmerkt. Auf diesem Festival wurden bereits Bio-Food erfolgreich angeboten, und zwar gleich von hundert Gastronom:innen. Die "Initialzündung" für Birngruber.

Zu seinen Anfängen mit Bio befragt, gibt Josef Jernej keine Anekdote von einem prägenden Erlebnis zum Besten, sondern betont, dass im Mochoritsch schon immer Bioprodukte neben herkömmlichen Produkten verarbeitet wurden (die Geschwister Jernej hatten die Betriebe von ihren Eltern übernommen), während der Bioanteil kontinuierlich wuchs. Er erinnert sich, dass er schon als Student eine Vorliebe für Artikel aus dem Bioladen hatte. Für den Betrieb kam die Entscheidung zur Ausschließlichkeit vor sieben Jahren, so Jernej, als sie ein Fest ausrichteten, das dem Trüffel gewidmet war. Wohlgemerkt Trüffel für jedermann und nicht für eine elitäre Kundschaft allein. Die Trüffelgeschichten sollten für alle leistbar sein und diese Idee wurde verwirklicht.

Dem Mochoritsch Restaurantbetrieb an drei Standorten kommt auch zugute, dass er auf 67 Hektar selbst Landwirtschaft betreibt und dazu 60 Hektar Waldfläche (im Zusammenhang mit den Trüffeln) besitzt, sodass dort die Umstellung auf Bio eingeleitet und auf deren Erzeugnisse zugegriffen werden konnte. Küchenleiter Jernej betont, dass angeschlossene eigene Erzeugerstätten wie die 10 Hektar Gemüseanbau kurze Wege für das Restaurant bedeuten, wenn Nachschub vom Feld angefordert werden muss.

Ein altes Vorurteil kann vergessen werden

Aber ist nicht die Preisfrage ein Hemmschuh für die Verbreitung der Bioprodukte? Wird damit in der Kundschaft nicht eher vermittelt, dass es mehr kosten müsste, wenn es bio ist? Oder kann es sein, dass es sich um ein Vorurteil handelt, dass alles Bio teuer sein muss? Stimmt es denn, dass die Leute nicht mehr ausgeben wollen, wenn es dieses Etikett trägt?

Die anwesenden Gastronom:innen bestätigen, dass ihre eigenen Erfolgsgeschichten den Beweis liefern, dass dies so nicht mehr stimmt und die Akzeptanz der Bioprodukte längst darüber hinausgewachsen ist. Immerhin kann Birngruber Gastronomie GmbH mit ihrer Ausrichtung auf reines Bio bis zu 10.000 Gäste catern. Bio kann also nicht zu teuer sein und Bio kann auch in zufriedenstellender Menge angeboten werden. Es werden auch wirklich alle Bestandteile eines Schlachttiers nun irgendwie mit eingebracht, nicht nur die "besten Stücke" herausgeschnitten. Mit alledem lässt sich schon viel machen.

Chefkoch Jernej meint, es könne schon etwas länger dauern durch die nötige Sorgfalt, aber das macht sich nach seiner Ansicht durchaus bezahlt. Man muss auch nicht alles zu jeder Zeit von überall anbieten, sondern kann wie er bewusst mit der Saison und der Region, und damit mit deren Erzeugnissen leben und arbeiten.

Eine begleitete Umstellung auf Bio ist leichter als man denkt

Das Vertrauensverhältnis der Kund:innen zu Bioprodukten findet ihre Parallele in der vertrauensvollen Kooperation zwischen Lieferant:innen von Bioprodukten und der Gastronomie als deren Verwerter. Hier sollte ein Geist herrschen, wonach jede:r sein Auskommen hat und die Zusammenarbeit gedeiht, zum Nutzen aller.

Barbara Riegler als Biobäuerin bestätigt, dass die Biolebensmittel viel stärker nachgefragt werden als vor zehn Jahren und eine Generation herangewachsen ist, denen das selbstverständlich ist und die ihre Vorstellungen von guter Ernährung von Haus aus mitgebracht hat. Riegler spricht besonders die Verlässlichkeit der Produzent:innen von Bionahrungsmitteln an, die selbst während des Höhepunkts der Corona-Pandemie weiterliefern konnten und nie ausgefallen sind. So haben sich verlässliche Partnerschaften ergeben.

Birngruber findet, mit der richtigen Überzeugung gelingt der Schritt in die Bio-Ausrichtung als Gastronom:in, sobald die Verfügbarkeit und der richtige Transport gesichert sind. Auch das Personal muss mitdenken, das Kochen und Zubereiten, gerade in der Patisserie, sind nunmal ganz anders als bei herkömmlichen Arbeitsmitteln.

Gut auch, so Josef Jernej, wenn man Kontakte zu anderen biozertifizierten Restaurateur:innen oder Produzent:innen hat und sich beratschlagen kann. Oder auch beim Verein Bio Austria Ratschläge einholt, etwa, was die Umgestaltung von Rezepten angeht, sodass sie biologisch einwandfrei werden. Für den niederschwelligen Eintritt gibt es Bronze-Zertifizierungen als Bio-Betrieb, danach kann man sich immer noch auf Silber- oder Goldniveau hocharbeiten.

Das jüngere Publikum unter den Gästen ist schon sehr qualitätsbewusst, was Ernährung angeht, und das läuft auf Bioprodukte hinaus, wie auf selten etwas anderes. Um die Zertifizierung als Bio-Betrieb leichter zu machen, bietet der Verein laut Barbara Riegler Hilfen an, wie den Kontrollkostenzuschuss beim Umstieg. Die Beteiligten empfehlen allen, die Zertifizierung zu machen, "nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung zu sein", wie es Barbara Riegler gegen Ende der Diskussion formuliert.