Die größten Herausforderungen für Brauereien 2023

© Schweiger Bräu

Sinkender Bierkonsum, explodierende Energie- und Rohstoffpreise und steigender Wettbewerb. Wir sprechen mit Brauereien über ihre aktuell größten Herausforderungen.

Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Die Bierbranche sieht sich aktuell großen Herausforderungen gegenüber. In diesem Artikel gehen wir, gemeinsam mit unseren Bier-Ausstellern, auf sechs Thematiken ein:

1. Steigender Wettbewerb: Bier überschwemmt den Markt

Die Bierindustrie im DACH-Raum erlebt ein bemerkenswertes Wachstum. Insbesondere in Österreich zeigt sich das deutlich: Während 1980 hierzulande nur etwa 50 Brauereiunternehmen vertreten waren, gab es um die Jahrtausendwende bereits 100. 2022 stieg diese Zahl auf 330. In Deutschland gibt es rund 1.500 Brauerei-Unternehmen. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland ist insbesondere der Trend zu Klein- und Kleinstbrauereien ungebrochen.

© Statista

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Der steigende Wettbewerb in der Branche erfordert eine ständige Erweiterung der Produktionskapazitäten, um mit dem Markt Schritt zu halten. Gleichzeitig müssen Bierbrauereien Wege finden, um ihre Wertschöpfung zu maximieren. Und all das, während der Bierkonsum stetig sinkt. 

2. Demografischer Wandel und verändertes Konsumverhalten

Das Konsumverhalten der Bierliebhaber hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert und wirkt sich direkt auf die Bierbrauereien in der DACH-Region aus.

„Die Bierbranche erlebt derzeit einen gesellschaftlichen Wandel. Die klassischen Biertrinker sterben langsam aus und die junge Generation hat andere Anforderungen und Wünsche“, sagt Christian Eder, Vertriebs- und Marketingleiter der Schlossbrauerei Stein. Ready to Drink-Produkte seien vor zehn Jahren zum Beispiel noch kein Thema gewesen.

Mittlerweile gäbe es eine geballte Getränkeauswahl und darunter leide die Branche, so Eder. Die Gäste sind anspruchsvoller geworden: „Aber für gute Qualität und etwas Besonderes sind sie durchaus bereit Geld auszugeben“, weiß Thomas Gstaltmaier, Generalrepräsentant bei Stiegl.

Steigendes Gesundheitsbewusstsein beim Biergenuss

Auch das Gesundheitsbewusstsein des Konsumenten sei gestiegen, ergänzt Koloman Strohmeier, Braumeister bei Thalheimer Heilwasser. Alkoholfreies Bier und alkoholreduziertes Bier erleben derzeit einen echten Boom und sind bei so gut wie jeder Brauerei wichtiger Teil des Produktsortiments.

Bierkonsum geht zurück

Seit Jahrzehnten ist der Bierkonsum in Deutschland rückläufig, in Österreich leicht sinkend. Darauf versucht die Bierindustrie flexibel zu reagieren. Regionale Brauereien wie zum Beispiel Schweiger Bräu, nutzen ihre Verbundenheit zur Region und Heimat als Stärke. Ein starker Heimatmarkt und treue Kunden sind in schwierigen Zeiten von enormer Bedeutung. „Wir konnten die Corona-Krise dadurch halbwegs schadensfrei überstehen und das erste Jahr der Ukraine-Krise war in Hinblick auf die Absatzsituation sogar das beste unserer Unternehmensgeschichte“, erzählt Marc Hammacher, Geschäftsführer im Vertrieb von Schweiger Bräu zuversichtlich.

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Viele Brauereien suchen einen Ausweg aus dem sinkenden Bierabsatz außerdem durch die Entwicklung neuer Sorten und Geschmacksrichtungen. Craft Beer, also „Bier abseits des Mainstreams“, liegt voll im Trend. Doch Bier brauen lebt von einer langen Tradition. Den Spagat zwischen Tradition und Innovation zu schaffen, ist ein Drahtseilakt.

3. Tradition versus Innovation: Ein Spannungsfeld in der Brauereibranche

Die Brauereien im deutschsprachigen Raum haben eine reiche Geschichte, die teilweise bis ins Mittelalter zurückreicht. Traditionelles Brauen wird hoch geschätzt, das Reinheitsgebot ist Gesetz. Gleichzeitig sehen sich Brauereien auch mit dem Druck konfrontiert, innovativ zu sein und sich den veränderten Bedürfnissen und Vorlieben der Verbraucher anzupassen.

Die Notwendigkeit von Innovationen

Innovationen sind unerlässlich, um in der heutigen wettbewerbsintensiven Bierbranche relevant zu bleiben. Bierbrauereien müssen neue Geschmackserlebnisse bieten, neue Zielgruppen ansprechen und sich den sich ändernden Konsumgewohnheiten anpassen.

„Pro Tag kommen hunderte neue Produkte auf den Markt. Das Getränke- und Bier-Angebot ist so vielfältig wie nie“, so Christian Eder von der Schlossbrauerei Stein. „Um mithalten zu können, muss man als Brauerei innovativ bleiben. Doch Innovation ist immer mit hohen Kosten und großem Risiko verbunden.“

Die Wahrung des Brauererbes

Neben den finanziellen Risiken gilt es außerdem, die Kunde des traditionellen Brauhandwerks zu bewahren. Viele Bierbrauereien im DACH-Raum nehmen diese Aufgabe ernst und setzen auf traditionelle Braumethoden und Rezepturen, um ihren einzigartigen Charakter zu bewahren. Einige Brauereien, insbesondere aus dem KMU-Bereich, geben ihrem Bier weiterhin besonders viel Zeit zum Reifen. Das Slow Brewing Gütesiegel für Bierbrauer hat strenge Anforderungen, dementsprechend stolz sind unsere Aussteller Stiegl und Schweiger Bräu auf diese Auszeichnung.

Trotz Festhalten an jahrhundertealten Verfahren hat modernste Technologie mittlerweile bei so gut wie jeder größeren Brauerei Einzug in die Produktion gefunden: „Heutzutage ist eine konstante Qualität wichtiger denn je. Diese Konstante lässt sich aber nur durch Einsatz von moderner Technologie erreichen“, so Eder.

Nichtsdestotrotz spielt auch der handwerkliche Aspekt im Bierbrauen eine große Rolle, ist sich der Vertriebs- und Marketingleiter der Schlossbrauerei Stein sicher: „Unsere Braumeister sind teilweise schon seit ihrer Lehre bei uns im Unternehmen. Sie bringen sehr viel Erfahrung mit. Ihr gewisses Fingerspitzengefühl hat großen Einfluss auf die Qualität unseres Bieres.“ 

Im Brauerei-Museum des Hofbräuhaus Traunstein kann man tief in die lange Geschichte des Brauhandwerks eintauchen
© Hofbräuhaus Traunstein/Manuel Übler

4. Explodierende Energie- und Rohstoffpreise: Ist Bier noch leistbar?

Die Pandemie und nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine hatten und haben weiterhin große Auswirkungen auf die Energie- und Rohstoffpreise. Nicht nur die Gaspreise stiegen, auch erneuerbare Energie wurde teurer. So setzen die meisten Produzenten mittlerweile zwar auf Photovoltaik, Wasserkraft oder Biomasse, doch auch diese sind kein echter Rettungsring mehr: „Durch die steigenden Gas-Preise und den drohenden Energiemangel kam es zu einer massiven Mehrnachfrage nach regional verfügbarer Energie“, so Reinhard Grießler, Geschäftsführer bei Egger Getränke. „Speziell Biomasse, die wir hauptsächlich für die Energieversorgung unserer Brauerei nutzen, wurde stark nachgefragt. Dadurch stiegen auch unsere Energiepreise, obwohl wir vom Gas unabhängig sind.“

Glas, Kronkorken und Verpackungsmaterial deutlich teurer

Die steigenden Energiekosten führten zu Preissteigerungen bei allen relevanten Rohstoffen: „Eine Glasflasche kostet mittlerweile doppelt so viel wie vor sechs Jahren“, erklärt Anton Hoiß, Verkaufsleiter Gastronomie bei der Schlossbrauerei Maxlrain. „Aber auch andere Rohstoffe und Produkte sind deutlich teurer geworden. Darunter Verpackungsmaterial, Etiketten und Kronkorken.“

Die moderne Glasanlage von Egger: Jede dieser Glasflaschen ist doppelt so teuer wie noch vor ein paar Jahren
© Egger Getränke

Sogar die Tonne Zucker koste mittlerweile mehr als das Doppelte wie noch vor ein paar Jahren, sorgt sich Christian Eder von der Schlossbrauerei Stein: „Als Unternehmen muss man sich derzeit ganz genau überlegen, ob die Produktion der eigenen Limonaden, Radler und andere Sorten noch wirtschaftlich ist oder nicht.“

CO2-Krise traf Bierbranche hart

Eine Krise kommt selten allein: Kohlensäure wird in jeder Bierproduktion dringend für das Spülen und Befüllen der Flaschen und Fässer sowie für die Herstellung von Limonaden benötigt. Sie entsteht bei der Düngemittelproduktion, die Ende 2022 beinahe zum Erliegen kam. Auf Grund der hohen Gaspreise war sie einfach zu unrentabel geworden. Das traf die Nahrungsmittelindustrie hart, denn das wenige CO2 wurde teuer gehandelt. Das zehn- bis zwanzigfache des Preises war für viele Brauereien nicht mehr leistbar und so mussten einige von ihnen sogar ihre Produktion einstellen.

Reagieren bedeutet Investieren

„Um als Unternehmen auch in Zukunft gesund und weiter wettbewerbsfähig zu bleiben, muss man ständig auf den Markt reagieren. Und reagieren bedeutet in die Zukunft und die entsprechenden Technologien zu investieren“, ist Hammacher überzeugt. „Wir haben beispielsweise unsere Tankkapazität für CO2 ausgebaut und in eine CO2-Rückgewinnungsanlage investiert, um unabhängiger zu werden. Weiterhin investieren wir aktuell in unsere Abfülltechnologie um hier spürbar effizienter zu werden und unsere Kapazitäten und Fähigkeiten zu erweitern.“

Auch andere Bierbrauereien nehmen Geld in die Hand, um sich für die Zukunft sicher aufzustellen: Das Hofbräuhaus Traunstein investierte in eine neue, energieeffizientere Kälteanlage, Maxlrain in eine neue Abfüllanlage, die weniger Reinigungsmittel und Energie benötigt und Stiegl setzt auf modernste Technik im Bereich Kältetechnik und Wärmerückgewinnung.

Bier wird teurer

Die Kostenexplosionen und notwendigen Investitionen können Brauereien in echte finanzielle Schwierigkeiten bringen. Um wirtschaftlich zu bleiben, mussten viele Brauereien bereits mit Beginn des Jahres 2023 ihre Bierpreise erhöhen. Damit stiegen auch die Preise in der Gastronomie.

Noch wehrt sich die Schlossbrauerei Maxlrain gegen eine Preiserhöhung ihrer Produkte. Sollten sich die Preise für Rohstoffe und Energie weiterhin nach oben entwickeln, bliebe ihnen jedoch nichts anderes übrig, so Anton Hoiß. „Das ist aber unser letzter Strohhalm. Denn natürlich machen wir uns Sorgen, dass wir dadurch Kunden an die günstigere Konkurrenz verlieren könnten.“

Auch die Stiegl Brauerei ist mit den Preissteigerungen konfrontiert, setzt aber auf Resilienz und Effizienzsteigerung, um den damit einhergehenden Problemen entgegenzuwirken: „Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass wir unsere Rohstoffe nicht mehr so kurzfristig abrufen können und die Planungszeiträume deutlich länger geworden sind“, erklärt Thomas Gstaltmaier, Generalrepräsentant bei Stiegl. „Trotzdem schaffen wir es immer wieder, unser Stiegl Bier rechtzeitig an unsere Kunden zu liefern. Wir behalten die Preisentwicklungen täglich im Auge und versuchen, unsere Effizienz zu steigern, um die Preissteigerungen schlussendlich nicht an unsere Kunden weitergeben zu müssen.“

Hohe Preise auch in Zukunft?

Marc Hammacher, Geschäftsführer von Schweiger Bräu glaubt hingegen, dass wir zukünftig auch weitere Preissteigerungen im Bier-Sektor sehen werden. Im Bereich der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Energie sei keine wirkliche Entspannung zu erwarten. Nach wie vor bestehe eine hohe Inflation mit der Folge fortwährend steigender Preise, deren Ende nicht absehbar sei, so Hammacher. Und Krisen, wie der Ukraine-Krieg, führen zu Instabilität am Markt und machen eine Planbarkeit bei der Preiskalkulation schwierig. „Zudem ist Bier ist ein sehr hochwertiges Produkt, das wir im mittelständischen Bereich mit einer vergleichsweise hohen Anzahl an Mitarbeitern zu einem großen Teil handwerklich herstellen", erklärt der Geschäftsführer von Schweiger Bräu. "Die erheblich gestiegenen Personalkosten bilden für uns einen wesentlichen Kostenfaktor. Da ist momentan wenig Luft nach unten.“

Bier ist Handarbeit: Gutes Bier entsteht nur durch gute Mitarbeiter
© Schweiger Bräu

5. Personalmangel in der Gastro hat direkten Einfluss auf Bierkonsum 

Brauereien und Gastgeber leben in Symbiose. Der Personalmangel in Gastronomie und Hotellerie hat dementsprechend direkte Auswirkungen auf Bierbrauereien. Thomas Gstaltmaier sieht darin eine der größten Gefahren für die Bier-Branche: „Die Lücken im Personal wirken sich in zusätzlichen Ruhetagen oder kürzeren Öffnungszeiten der Lokalitäten aus. Das spüren unsere Kunden und somit auch wir als Lieferanten. Besonders betroffen ist dabei der ländliche Bereich.“

Das Wirtshaussterben, das in den vergangenen Jahren bereits an Intensität zugenommen hat, wird durch diese Situation nochmal befeuert. Wenn man dem KSV Glauben schenken darf, sollen heuer an die 6000 Gastronomiebetriebe in Konkurs gehen müssen. 

6. Nachhaltigkeit als Notwendigkeit 

Nachhaltiges Produzieren ist die Zukunft, darüber sind sich alle Brauereien einig. Der Weg dahin ist jedoch nicht immer einfach. Der Personalmangel in der Gastronomie und Hotellerie und der sinkende Bierkonsum haben beispielsweise auch Auswirkungen auf das Mehrweg-Konzept, auf das viele Brauereien angewiesen sind.

Insbesondere in Deutschland, wo Pfand-Pflicht auf Bierflaschen besteht, führt das zu Problemen: „Bierkisten stehen länger in den Garagen, Kellern und Lagerräumen. Wir haben also mehr Kisten im Umlauf und können uns nicht darauf verlassen, diese in der benötigten Regelmäßigkeit zurückzubekommen“, fasst Christian Eder, Vertriebs- und Marketingleiter der Schlossbrauerei Stein, die Situation zusammen: „Auch das niedrige Pfand in Deutschland von nur 3,10 Euro pro Kiste ist zu wenig Anreiz für den Kunden, sein Leergut schnell zurückzubringen. Dieses Pfand bezahlt mittlerweile nicht mal die Flaschenpreise.“ Trotz all den Herausforderungen überwiege nicht zuletzt der ökologische Mehrwert im Mehrwegsystem in Deutschland, so Eder.

Mehrweg ist jedoch nur eine der Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel und für eine gesunde Umwelt. Der Brauprozess erfordert eine erhebliche Menge an Energie, und viele Brauereien arbeiten daran, ihre Energieeffizienz zu verbessern und ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Im nächsten Artikel beleuchten wir die unterschiedlichen Maßnahmen der auf der „Alles für den Gast“ vertretenen Bierproduzenten. Melde dich für unseren Newsletter an, um keinen Artikel mehr zu verpassen!