Haben Lieferservices durch Corona erst richtig an Fahrt aufgenommen?

©mjam/Philipp Hutter
Artur Schreiber, operativer Geschäftsführer bei mjam, verzeichnet derzeit drei Mal so viele Restaurants-Registrierungen auf seiner Plattform. Tendenz bleibend.

Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Es sind nun bereits neun Wochen vergangen, seitdem in Österreich der große Lockdown stattgefunden hat und Gastronomen ihre Türen schließen mussten. Manch‘ einer dachte, dass Lieferservices jetzt vor Essensbestellungen bestimmt explodieren würden.

 

Text von Elisabeth Baumann-Rott, Content & Brand Management Alles für den Gast

Eines ist klar, dass Essverhalten der Österreicherinnen und Österreicher hat sich in Zeiten von COVID-19 verändert. Und nicht nur das - auch das Leben der Menschen hat sich verändert und in die eigenen vier Wände verschoben. Home-Office im Wohnzimmer, Skype Calls oder Training mit der Fitness-App. Während manche Österreicherinnen und Österreicher aufgrund der Ausgangsbeschränkung mehr Zeit zum Kochen haben, genossen andere Essen via Lieferservices. Doch das war noch nicht von Beginn an wie Artur Schreiber, operativer Geschäftsführer von mjam, der führenden Online-Plattform für Essensbestellungen, bestätigt: “Wir vermuten, dass sich viele Kunden mit Lebensmitteln eingedeckt haben und viel selber kochten. Durch vermehrtes Home Office haben mehr Menschen auch die Zeit das zu tun. Das ist zwar auf der einen Seite schön, stellt die Restaurantbetreiber jedoch vor erhebliche Probleme, weil ihnen der Umsatz fehlt.” Denn mit dem Wegfall des Tagesgeschäfts brach Mitte März für Restaurant- und Gastronomie-Inhaber eine wirtschaftlich unsichere Zeit an. Viele Restaurants verbuchten Umsatzeinbrüche von bis zu 100 Prozent.

Lieferservices sind eine Win-win-Situation

Mittlerweile empfiehlt sogar die Weltgesundheitsorganisation WHO die Nutzung von Lieferdiensten als eine sichere Option auf ihrer Website “Food and nutrition tips during self-quarantine”, da die Lieferdienste kontaktlos arbeiten und ihre Gerichte hygienisch liefern. Auch mjam kann wieder einen positiven Bestelltrend erkennen. „Die Kunden in Österreich verstehen, dass sie mit Online-Bestellungen ihre Restaurants unterstützen können. Das ist besonders jetzt sehr wichtig, da die Restaurants noch bis Mitte Mai geschlossen bleiben müssen. Um diese lange Zeit wirtschaftlich zu überstehen, sind die Restaurants auf jeden Euro Umsatz angewiesen. Ob das aktuelle Volumen reichen wird, lässt sich aber nicht sagen. Es ist aber immer noch nur ein Bruchteil des ursprünglichen Umsatzes mit dem Inhouse-Geschäft“, so Schreiber weiter. Es ist dennoch eine Win-win-Situation, denn es schmeckt lecker und ist zugleich ein Akt der Solidarität für die Gastronomen.

Nachfrage an österreichischen Gerichten gestiegen

Auch das Ess- und Bestellverhalten der Österreicherinnen und Österreicher hat sich seit Beginn der Corona-Krise geändert. Seit März gibt es einen Anstieg von Bestellungen zur Mittagszeit von rund 10 Prozent. Back to the roots könnte es gelautet haben, als im Vergleich zum Februar die Nachfrage an österreichischen Gerichten um 14 Prozent stieg. Mit der Entscheidung der Bundesregierung, Selbstabholungen ab dem 3. April wieder zu erlauben, haben sich die Abhol-Bestellungen von Kunden im Vergleich zu der Zeit vor Corona vervielfacht. (Daten von mjam)

©KRÖSWANG/Raphael Gabauer
Kröswang Geschäftsführer Manfred Kröswang beliefert seit April auch Privatkunden und hat dadurch einen völlig neuen Kundenkreis erreicht.

Gastronomen entwickeln während Corona neue Geschäftsmodelle

Die Not macht auch erfinderisch und so haben viele Restaurantbetriebe innerhalb kürzester Zeit Ideen entwickelt um ihre Speisen auch via Lieferservices anzubieten. Artur Schreiber dazu: „Wir nehmen aktuell zwei- bis dreimal so viele Restaurants online wie gewohnt und der Zulauf hält auch weiterhin an. Vor allem ist der Trend stark bei Restaurants, die nicht selber liefern und nun anfangen, unsere Flotte (MjamPlus) zu nutzen. So können diese Restaurants zumindest einen Teil des verlorenen Umsatzes wieder reinholen.“

Aber nicht nur in Sachen Lieferservices gibt es erfinderische Gastronomen. So zum Beispiel Kröswang, der angesichts der schwachen Auslastung der eigenen Kapazitäten bereits seit April auch Privatkunden beliefert. Da sich das Geschäftsmodell der Zustellung gerade in Zeiten des Social Distancing bewährt, kann Kröswang somit auch einen völlig neuen Kundenkreis bedienen bis die Belieferung von Hotels und Restaurants wieder möglich ist. „Wenn wir Privatkunden beliefern, ist das ein notwendiger Schritt, der zwei Gewinner kennt“, sagt Kröswang-Geschäftsführer Manfred Kröswang, „davon profitieren Privatkunden, die auf eine Hauszustellung angewiesen sind. Und Kröswang kann zumindest einen kleinen Teil der coronabedingten Umsatzeinbußen kompensieren.“

Segafredo Zanetti Austria beispielsweise hat zu Beginn der Krise umgehend den Schichtbetrieb umgestellt und mit über 2.000 Kaffee-Care-Paketen während der letzten Wochen die Caritas unterstützt. Oder auch Clemens Grabmayr. Er ist Gastronom, führt ein Elektrounternehmen sowie einen Technikverleih und ist Hersteller und Verleiher von Food Trucks in Österreich. Sein neuer Geschäftszweig ist die Belieferung von Unternehmen mit Mund-Nasenschutz-Ausrüstung.

Trotz Corona-Krise über sich selbst hinauswachsen – das ist wohl grad bei vielen Gastronomen zur Realität geworden. Es bleibt die Hoffnung, dass mit den schrittweisen Öffnungen die Gastronomie und Hotellerie wieder einen Aufschwung erhält. Auch das von der Bundesregierung kürzlich beschlossene Wirte-Hilfspaket soll dazu einen wesentlichen Beitrag leisten.