Branchenflucht: Der Nachwuchs im Tourismus fehlt

Jürgen Kürner, Direktor der Tourismusschule am Semmering 
© Privat

Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Der Personalmangel in Gastronomie und Hotellerie macht sich immer stärker bemerkbar. Ein Grund: Der Nachwuchs fehlt. Wir haben mit Jürgen Kürner, Direktor der Tourismusschule Semmering gesprochen.

Jürgen Kürner kommt selbst nicht aus der Tourismusbranche. Er absolvierte das Gymnasium und schloss zwei Studien in Theologie und Germanistik ab. Aber er ist Touristiker mit Leib und Seele und seit 1993 an den Tourismusschulen Semmering tätig, ist also maßgeblich für die Ausbildung des Nachwuchses für die Gastronomie und Hotellerie verantwortlich. Seit 2001 ist er Leiter der Schule, betreibt außerdem die Internatshotels und ist Sprecher der österreichweiten Tourismusschul-Direktoren. Im ganzen Land sind 26 Schulen verteilt. Wir haben mit ihm über den derzeitigen Fachkräftemangel der Branche gesprochen:

RX Austria & Germany: Das Thema Fachkräftemangel beschäftigt die Branche zurzeit mehr denn je: Wie nehmen Sie als Direktor einer Tourismusschule die aktuelle Situation wahr?

Jürgen Kürner: Über die mediale Berichterstattung hinaus habe ich natürlich in meiner Tätigkeit viel Kontakt mit Betrieben einerseits, andererseits bekomme ich aber auch Rückmeldungen von Eltern und Schülern, gerade in Bezug auf die jährlichen Ferialpraktika im Sommer. Die Personallage ist nicht in jedem Unternehmen lebensbedrohlich, aber schon lange kann kein Betrieb mehr behaupten, er könne personell aus dem Vollen schöpfen. Der Mangel ist jedoch nicht nur in unserer Branche spürbar. Im Tourismus merkt man die Auswirkungen wahrscheinlich nur so deutlich, weil die Anzahl der Mitarbeiter, die man für den funktionierenden Betrieb eines Gastgebers benötigt, sehr hoch ist.

Also keine positiven Zukunftsaussichten?

Kürner: Naja, die Problematik ist, dass die Schere immer weiter aufgeht. Es gibt aktuell zu wenig Fachpersonal und wir bilden auch zu wenig aus. Über Österreich verteilt haben wir an allen Schulen Schülerrückgänge und auch Rückgänge bei den Lehrlingen. Und das in den letzten beiden Jahren natürlich noch eklatanter. Auch wir an der Tourismusschule Semmering haben sehr damit zu kämpfen. Was an der Situation gut ist, ist, dass die Branche nun endlich verstanden hat, dass die Mitarbeiter das wichtigste Kapital sind. Wer das jetzt noch nicht einsieht, der wird große Schwierigkeiten haben, sich an die Situation anzupassen. Gäste kommen und gehen, die Mitarbeiter (sollen) bleiben. Die Entwicklung des eigenen Teams ist momentan unabdingbar. 

Welche Folgen befürchten Sie aufgrund des Fachkräftemangels?

Kürner: Wenn weniger Menschen, ganz gleich in welchem touristischen Bereich, ausgebildet werden, fühlt man nach wenigen Jahren die Langzeitfolgen. Denn die kleine Anzahl an Absolventen kann sich unter den vielen Stellenangeboten die besten aussuchen, was für weniger attraktive Arbeitgeber oder klein- und mittelständische Unternehmen, die sich höhere Gehälter nicht leisten können, ein großes Problem darstellen kann. Ohne Personal lassen sich Gaststätten und Hotels nicht betreiben. Es wird zu einem Qualitätsverlust in der Branche und zu weiteren Schließungen kommen.

Denken Sie, dass es einen „Schuldigen“ an der aktuellen Situation gibt?

Kürner: Nein, einen Schuldigen kann ich nicht ausmachen. Was aber natürlich für die Situation nicht zuträglich ist, ist die ständige negative Berichterstattung in den Medien. Einerseits zu kommunizieren, dass es so schrecklich ist, im Tourismus zu arbeiten und andererseits die Sorge zu teilen, weil so wenig Personal vorhanden ist, widerspricht sich. Das Image der Branche als Arbeitgeber muss sich dringend bessern. 

Haben Sie eine Idee, wie das in Zukunft gelingen soll?

Kürner: Einfach ist es sicher nicht. Aber ich bin der Meinung, dass es gut durchdachte Maßnahmen benötigt, und es muss an vielen verschiedenen Schrauben gedreht werden. Dem Kellner 200 Euro mehr pro Monat zu zahlen, ist zwar für ihn als Einzelnen gut, keine Frage, greift das Problem aber nicht an der Wurzel an. Es braucht durchdachte und ansprechende Image-Kampagnen von allen wichtigen Playern der Branche und über alle Kanäle hinweg. Auch der Konsument spielt eine große Rolle im Imagewandel. Er muss bereit sein, für gute Leistung im Restaurant zu bezahlen. Beste Qualität zum niedrigsten Preis darf einfach keine Voraussetzung mehr sein. 

Warum glauben Sie, wurden noch keine konkreten Maßnahmen gesetzt, um den Ruf der Gastronomie zu verbessern?

Kürner: Ich sehe das Problem in der Zuständigkeit: Die Branchenvertreter wollen eine Veränderung und spüren die Notwendigkeit, aber keiner fühlt sich wirklich dafür verantwortlich, gegen den steigenden Mangel an Personal etwas zu unternehmen. Es ist dringend notwendig, sich zusammenzuschließen und Konzepte zur Imageverbesserung auszuarbeiten, die wir in der Brache gemeinsam verwirklichen können. Dafür gibt es meiner Meinung nach schon großartige Ansätze von Gastronomen und Hoteliers, an denen man sich orientieren könnte. 

Die Tourismusschule am Semmering hat mit sinkenden Schülerzahlen zu kämpfen.
© Tourismusschule Semmering

Wie kämpfen Sie als Direktor einer Tourismusschule für einen besseres Image des Arbeitgebers Tourismus?

Kürner: Für uns als Schule ist ein wichtiger und wesentlicher Punkt, unsere Schüler für die Branche zu begeistern, um sie im besten Falle nach der Ausbildung weiterhin im Tourismus willkommen heißen zu können. Positive Erfahrungen, sei es in der Ferialpraxis oder im Lehrlingsbetrieb, sind der Knackpunkt, an dem wir gemeinsam mit den Betrieben arbeiten müssen. Aber wir können erst dann ansetzen, wenn sich der junge Mensch bereits für eine Ausbildung in der Branche entschieden hat. Damit die Begeisterung des Nachwuchses für den Tourismus geweckt wird, muss das Image der Branche definitiv noch aufpoliert werden. Familie und Freunde dürfen sich nicht mehr negativ über eine Karriere in der Gastronomie und Hotellerie äußern. Denn die Zukunft des Tourismus steht und fällt mit den jungen Menschen!

Denken Sie, dass sich in dieser verfahrenen Situation in naher Zukunft etwas ändern wird?

Kürner: Ja, ich glaube fest daran! Von den Branchenvertretern werden die Tourismusschulen oft in den Schatten gestellt, da hier der Fokus definitiv auf der Lehre liegt, aber es gibt keinen Nachteil, der nicht auch einen Vorteil brächte. Daher ist es umso erfreulicher, dass wir 26 Tourismusschulen sehr eng und gut kooperieren und zusammenarbeiten. Durch den deutlichen Mangel an Fachpersonal wurde erkannt, dass die rund 9.000 Schüler der österreichischen Tourismusschulen doch ein sehr großes Potenzial haben. Ich bin sehr glücklich darüber, dass sich wertschätzende Kontakte und fruchtbare Kooperationen in letzter Zeit häufen. Ich freue mich darauf, diese weiterzuentwickeln, nicht nur mit den anderen Schulen, sondern mit den unterschiedlichsten Supportern der Branche, wie zum Beispiel der „Alles für den Gast“!

Vielen Dank für das nette und spannende Gespräch! Vielleicht auf ein Wiedersehen auf der „Alles für den Gast“ 2022.