Wie seht ihr das?

Bekannte Gastronomen, darunter Philip Rachinger, Emanuel Moosbrugger, Martin Kilga und Günther Grahammer, erzählten davon, wie es ihnen in den vergangenen Monaten ergangen ist. Wie haben sie die entschleunigte Zeit überbrückt, welches Challenges gab es und wie haben sie diese gemeistert? Welche Ideen sind vielleicht daraus entstanden und wie geht es für die Gastronomen weiter?

 

© Reed Exhibitions Österreich/Sebastian Datzreiter

Die wichtigsten Sager aus der Talkrunde

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Emanuel Moosbrugger, Hotelinhaber „Das Schwanen“ 

Im Lockdown macht man sich natürlich Gedanken, da sind Existenzfragen dabei und ich denke, wenn man um 06:30 aus den Medien erfährt, dass um 12:00 eine Reisewarnung für Deutschland in Kraft tritt, das ist nicht akzeptabel. Aber man muss sich mal vorstellen, wie Flexibel die Gastronomie in so einer Pandemie agiert, das ist beispiellos! Das sollte ein Politiker und die Bevölkerung anerkennen. Und ich denke es sollte klar sein, dass wir Gastronomen nicht mehr so weitermachen wollen, wie es bisher war.

Es ist wichtig, sich breiter aufzustellen. Man sieht jetzt, dass es verschiedene Wege gibt, an den Umsatz heranzukommen, eine zu große Spezialisierung auf nur einen Weg ist gerade in aktuellen Zeiten nicht gut. Auf der anderen Seite finde ich es sehr wichtig, das Regionale und Saisonale und die Wertschöpfung in der eigenen Region zu halten. Im ersten Lockdown habe ich mir überlegt, was ich jetzt irgendwo aus dem Boden stampfen muss, was ich machen könnte, und bin dann eigentlich darauf gekommen, dass gerade das, was ich sowieso schon mache – die Region zu unterstützen, die starken Partnerschaften, die faire Bezahlung der Bauern –, dass das die Werte sind, die auch für die Zukunft stehen.

Martin Kilga, Küchenchef und Restaurantbetreiber des Paradoxon

Das heurige Jahr war natürlich ein Auf und Ab, allerdings glaube ich, dass es etwas eingeläutet hat, von dem wir alle jetzt noch nicht glauben, profitieren zu können, aber profitieren werden, denn es hat Veränderungen mit einher gebracht und es wird uns zwingen, Veränderung anzunehmen. Ich glaube, wenn wir jetzt versuchen, alles so zu nehmen, wie es halt eben ist, dann können wir uns, wenn wir uns gemeinsam neu positionieren, eine coole, neue Richtung einschlagen, die ein bisschen weg von einem immer Mehr an Umsatz, Mitarbeitern und Merchandise geht.

Alles was nah an den Kunden geht, ob er bei dir im Restaurant sitzt oder nicht, ist jetzt besonders spannend und greifbar. Ich rede vom ganzen Handel, z.B dass ich verschicke wird ein Potenzial für die Zukunft sein, dass man sich aus der reinen Restaurantsituation hinausbegibt und versucht, sich kreativ neu aufzustellen. Ich denke, wir müssen näher an den Kunden, egal wo er ist.

Das ist für alle jetzt ein großes Ausrufezeichen, das zu tun, was wir wollen. Dass es primär um uns, als Gastronomen geht. Der Kunde findet dann ja sowieso den Weg zu dir, aber wenn du dich verbiegst, dann bist du definitiv jetzt nicht mehr richtig. Wenn ich tue was ich will, was ich kann und das mit Herz, Liebe und Seele mache, dann wird das immer genügend Gäste und Kunden finden, die das so mittragen werden. Und ich glaube darum geht’s am Ende des Tages. Mein Lieblingswerkzeug ist mein Kochlöffel aus meinem ersten Betrieb. Dieser ist ein prägnantes Beispiel, weil er zu mir gehört, er repräsentiert meine Liebe zum Kochen. Er ist nicht besser oder schlechter, sondern es ist einfach das Ausrufezeichen, dass ich mache was ich will und wie ich es will. Dann kommt das Geld automatisch.

© Reed Exhibitions Österreich/Sebastian Datzreiter

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Günther Grahammer, Inhaber & Geschäftsführer von Cook & Wine

Wir müssen definitiv anerkennen, dass es nie wieder so wird wie es einmal war. Jeder, der jetzt seine ganze Energie daraufsetzt, dass es nächstes Jahr genau so weiterläuft, wie die Jahre zuvor, der wird nicht richtig sein und sehr stark frustriert sein. Nicht wegen des Virus, sondern weil jeder gesehen hat, dass es andere Wege gibt. Und ich glaube wir müssen da jetzt in einer gemeinschaftlichen Herangehensweise überlegen, was wir verändern können und wo man wirklich ansetzt. Es braucht Veränderung aber auch Anerkennung.

Wir haben jetzt die Chance, den Gast und die Mitarbeiter wieder von der heimischen Gastronomie begeistern. Und Qualität wird sich immer durchsetzen, unabhängig von Corona, und wenn die Qualität am Teller ist, dann kommen auch die Gäste.

Philip Rachinger, Haubenkoch im Mühltalhof 

Der erste Lockdown war schon g’schissen. Wir haben damals für den Gästedienst und um über die Runden zu kommen einen Lieferdienst angeboten und viel Arbeit hineingesteckt, damit wir die Sachen verpacken. Mit Mitte April haben wir mit der Ausführung begonnen. Mitte Mai haben wir das Restaurant aufgesperrt und es war voll. Zwei Wochen später haben wir das Hotel aufgesperrt. Da war es richtig schön, dass, wie mein Opa schon immer gesagt hat, das Urlaubsgeld nicht einfach über uns hinweg fliegt sondern auch in Österreich ausgegeben wird. Unsere Sommersaison war weit besser als die der letzten Sommer. Somit sehe ich den Lockdown Nummer zwei nur als kurze Pause.

Wir erwarten uns Ehrlichkeit von der Politik. Natürlich sind derzeit so viele neue Situationen da, aber ich würde mir wünschen, dass, sobald man etwas weiß, auch etwas gesagt wird, damit man Zeit zum Reagieren hab.

Die Situation ist eine Chance für die kleineren Betriebe, denn wer fährt momentan gerne in ein Hotel mit Frühstücksbuffet für 250 Personen? Je überschaubarer das Restaurant, der Raum oder die Umgebung ist, desto mehr trägt das zur Buchung bei.

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