Haya Molcho: „Das Ego hat in der Küche keinen Platz!“

Haya Molcho, Gründerin von NENI, ist Gastronomin aus Leidenschaft. Auf der Gastmesse 2023 bekochte sie die Besucher und gab auf der Bühne ihr Wissen weiter. Wir haben vor der Messe mit ihr gesprochen.

Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Haya Molcho hatte einen Traum: eines Tages ein Restaurant zu eröffnen. Gemeinsam mit ihren vier Söhnen ist ihr das gelungen und mittlerweile ist die Familie stolzer Betreiber von zahlreichen NENI-Restaurants auf der ganzen Welt. Bei der „Alles für den Gast“ 2023 verwöhnte Haya im neuen Großküchen-Kompetenzbereich in der Salzburgarena die Besucher mit levanter Kochkunst und war auch auf der Gastro Circle Bühne bei einem Talk zu Gast. Wir haben vorab mit der charismatischen Gastronomin über Familie, Leidenschaft und Kulturen gesprochen. 

 

Alles für den Gast: Welche Herausforderungen und Chancen bringt die Arbeit in einem Familienbetrieb mit sich?

Haya Molcho: Es gibt nichts Schöneres als mit der Familie zu arbeiten. Aber die Voraussetzung dafür ist natürlich auch, dass du dich gut verstehst. Bei Meinungsverschiedenheiten muss man zu einem Nenner kommen und das haben wir in unserer Familie bisher immer geschafft. 

Führt die familiäre Zusammenarbeit auch manchmal zu Konflikten?

Haya: Ich glaube, eine Partnerschaft ohne kleine Streitereien funktioniert nicht. Angst vor Auseinandersetzungen sollte man nicht haben. Lange Diskussionen und viel Kommunikation gehören dazu. Denn wenn du alle Probleme unter den Teppich kehrst und so tust, als wäre alles in Ordnung, kommt schnell ein passiv-aggressives Verhalten zutage. Da ist es besser, Dinge direkt anzusprechen, darüber zu streiten und dann eine Lösung zu finden. Ja, man redet über wichtige Themen in so einem Familienbetrieb, die sind oft emotional. Unter der Gürtellinie darf aber niemand attackiert werden. Stattdessen setzen wir auf konstruktives Streiten, um miteinander zu wachsen. 

Habt ihr die Zuständigkeiten untereinander klar abgesteckt?

Haya: Mittlerweile ja, das hat sich mit der Zeit so herauskristallisiert. Am Anfang war es eine Katastrophe, jeder hat alles gemacht, weil wir die Stärken der einzelnen Familienmitglieder noch nicht kannten. Jetzt hat jeder seinen Zuständigkeitsbereich und nun funktioniert es. Nuriel macht das Marketing, Elior kümmert sich um die ganze Gastronomie. Er ist auch derjenige, zu dem man kommt, wenn es mal ein Problem gibt. Ilan ist für die Produktion verantwortlich und ist außerdem CEO von NENI. Und ich kümmere mich um die Produktentwicklung, Essen und Leidenschaft. 

Wie siehst du die aktuelle Entwicklung in der Branche?

Haya: Ich denke, wir haben eine Chance erhalten. Warum? Wir hatten wirklich schlechte Zeiten in den vergangenen Jahren. Man muss nicht mehr groß über Corona reden oder über den Ukraine-Krieg. Aber ich möchte darüber reden, was uns diese Krisen gebracht haben: Wir nehmen uns mehr war, wir kommunizieren mehr miteinander. Ich habe das Gefühl, dass der Konkurrenzkampf weniger geworden ist, denn wir haben verstanden, dass wir gemeinsam mehr erreichen können. Ob das jetzt in der Politik ist, zwischen Individuen oder zwischen Konkurrenten. Ja, es gibt mehrere israelische Gastro-Konzepte, aber wir sind alle miteinander befreundet. Und das ist die Zukunft. Nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander. Davon bin ich überzeugt. 

Wie geht ihr in euren Restaurants auf aktuelle Entwicklungen und Trends ein?

Haya: Nun, ich bin Nomadin, meine ganze Familie reist gerne und viel. In unserem Leben gab es immer Neues zu entdecken. Außerdem kommen wir aus Israel, einem Land, in dem Integration eine große Rolle spielt. Hier treffen sich viele Nationen und nehmen Einfluss auf die Küche. Diese Inspirationen sind mir das Wichtigste. Ich frage ständig nach, rede und arbeite mit Kollegen und bin unterwegs, um neuen Input einzuholen. Denn wenn du stehen bleibst und dich nicht weiterentwickelst, ist das der Tod eines jeden Berufs. Das gilt auch für Gastronomen. 

Wie kamst du auf die Idee, zusätzlich zu deinen Restaurants auch Kochbücher zu schreiben?

Haya: Meine Kochbücher liegen mir sehr am Herzen. Zum einen, um mein Wissen und meine Rezepte an die nächste Generation weiterzugeben. Wir haben mittlerweile schon einen Enkel, da hat das Thema noch mehr Relevanz für mich bekommen. Das letzte Buch „Lust auf fremde Küche“ habe ich schon für die Generation meines Enkels geschrieben. Zum anderen macht mir Kochen große Freude und Freude muss man teilen, finde ich. Unsere Gäste haben immer wieder nach den Rezepten gefragt, da waren Kochbücher für mich der logische Schritt. Angst davor, dass jemand meine Rezepte „stehlen“ könnte, habe ich nicht. Sollen sie doch! Das ist ja das Schöne, dass man in der Küche das Rad nicht neu erfinden muss, sondern das nimmt, was bereits funktioniert und dem dann seinen eigenen, persönlichen Twist gibt. Das ist für mich echte Kochkunst. 

Ihr eröffnet demnächst ein weiteres Restaurant auf Mallorca. Wie geht es dort voran?

Haya: Die größte Herausforderung in einer fremden Stadt besteht darin, nachhaltige Prozesse zu entwickeln. Man muss die Produzenten in der Umgebung kennenlernen und sich mit den Geschmäckern des Landes auseinandersetzen. In Spanien ist das das Meer. Hier gibt es viel mehr Fisch. Dann natürlich Mandeln, Orangen, Zitrusfrüchte. Ich glaube, beim Kochen lernt man die Kultur kennen und mir ist es wichtig, mein Restaurantkonzept an das Land zu adaptieren. 

Welche Geräte finden in euren Küchen Verwendung und welche Vorteile bringen diese mich sich?

Haya: Die levante Küche ist Feuer! Wir brauchen einen guten Holzkohlegrill, um das Aroma der Verbrennung zu erhalten. In Isreal verbrennt man ja zum Beispiel Tomaten, dadurch bekommen sie diesen einzigartigen Eigengeschmack. Bei uns stehen in jeder Küche Geräte von Rational, aber auch PacoJet und Thermomix. Durch die Möglichkeit der Programmierung einiger dieser Geräte schaffen wir in all unseren Restaurants das perfekte Geschmackserlebnis. Das ist für uns ganz wichtig, insbesondere für die Expansion unserer NENIs. Ich glaube, ohne professionelle Geräte kannst du überhaupt kein Restaurant in dieser Größe führen. Kleine Restaurants mit 20 oder 30 Plätzen vielleicht, aber ab 150 Sitzplätzen, wie wir sie oft in unseren NENIs haben, brauchst du Geräte, die einfach funktionieren.

Was hast du für deinen Auftritt auf der diesjährigen „Alles für den Gast“ geplant?

Haya: Das ist noch nicht ganz fix. Ich bin ein spontaner Mensch und kann meine Meinung sehr oft ändern. Aktuell denke ich an einen Hummus, das ist unser Signatur Dish. Mit etwas on top, vielleicht Pastinaken in Salzkruste aus dem Holzofen, Tabil mit Kräutern, Aubergine aus dem Feuer, der aus der Schale quillt, mit einer asiatischen Tahina, Koriander, Sesam. Etwas Kleines, aber Feines wird es werden. 

Das Ego eines Kochs oder einer Servicekraft kann ein Restaurant töten.

 

Was macht für dich persönlich echte Gastlichkeit aus?

Haya: Das Ego außen vor zu lassen und Kritik anzunehmen, um eine Kurskorrektur vorzunehmen. Ich habe auch meine Kinder so erzogen, dass sie Fehler machen dürfen. Das macht sie nicht zu schlechten Menschen. Sie sollen aber aus ihren Fehlern lernen und es beim nächsten Mal besser machen. So sehe ich das auch in der Gastronomie. Kritik ist so etwas wichtiges in unserem Beruf. Sie muss eingeholt und ernstgenommen werden. Für mich als Gastronomin gibt es nichts Schlimmeres, als einen Gast, der unzufrieden ist und dann im Nachgang eine schlechte Google-Bewertung hinterlässt. Viel lieber wäre es mir, der Gast würde direkt etwas sagen und ich könnte das Problem vor Ort lösen. Kritik sollte nie persönlich genommen werden. Das Ego eines Kochs oder einer Servicekraft kann ein Restaurant töten. Denn der Gast wird nie wieder kommen, wenn du dich als Gastgeber nur rechtfertigst. Die Emotion des Gasts muss ernstgenommen werden. Er hat vielleicht einen schlechten Tag, heute schmeckt es ihm nicht. Das ist seine Emotion. Dann nehme ich den Teller, bringe ihm etwas anderes und gebe noch ein Extra obendrauf. Das ist für mich Gastlichkeit. 

Was schätzt du an der Arbeit in der Gastronomie besonders?

Haya: Am meisten schätze ich, dass wir Gäste haben, die das anerkennen, was wir machen. Du kannst noch so ein tolles Konzept haben, wenn der Gast davon nicht überzeugt ist, bleibst du trotzdem alleine in deinem Restaurant. Außerdem schätze ich an den Menschen in Österreich das Gesellige. Österreicher lieben das Soziale, miteinander zu reden. Kroatien, Ungarn und Tschechien sind ganz in der Nähe. Wir sind also ein bisschen Balkan und das liebe ich!

Wie siehst du die Rolle von Frauen in der Gastronomie?

Haya: Frauen sind multifunktional. Wenn Frauen bei mir arbeiten, weiß ich, dass ich ihnen mehrere Aufgaben gleichzeitig zutrauen kann. Denn Frauen mussten schon immer vieles nebeneinander machen. Wir haben gefüttert, gestillt, den Haushalt erledigt und sind sammeln gegangen. Ich würde mir aber wünschen, dass Frauen auch erkennen, wie toll sie sind, dass sie mehr Mut und Selbstvertrauen haben. Wir Frauen haben Kraft, wir sind körperlich stark. Heutzutage gibt es keinen Grund mehr, dass Frauen nicht in der Küche sein sollten. Es gibt Kinderbetreuung, der Mann kann sich genauso Karenz nehmen. Wir sind noch lange nicht so weit, aber ich weiß, dass sich in den nächsten Jahren noch viel bewegen wird und Frauen immer stärker in unserer Gesellschaft auftreten werden. Gerade beim Gehalt müssen wir viel selbstbewusster werden. Frauen müssen ihren Wert erkennen und für sich einstehen. „Du willst, dass ich für dich arbeite? Dann bezahle mich!“ Und dabei möchte ich Frauen unterstützen. Mein Ziel ist es, dass ich Fragen wie diese in einigen Jahren gar nicht mehr beantworten muss, weil es selbstverständlich sein wird, dass Frauen einen wertvollen Part in der Gastronomie einnehmen. 

Worauf freust du dich auf der „Alles für den Gast“ 2023 am meisten?

Haya: Ich freue mich darauf, Kollegen wiederzutreffen, Inspiration zu bekommen und neue Geräte für meine Küchen kennenzulernen. Messen sind Information. Seid offen, geht durch die Messe und schaut euch alles an. Denn hier findet ihr alles unter einem Dach. Redet miteinander, kommuniziert, habt Spaß – das ist das Wichtigste!